Buchprüfungen der Steuerverwaltung: Pflichten, Risiken und Konsequenzen (Teil 2/3)

Taxes
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Hedon Sulimani
Hedon Sulimani
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18.7.2025
Tax administration audits: duties, risks and consequences (Part 2/3)

1.     Einleitung

In unserem letzten Blog-Beitrag zu Buchprüfungen haben wir das ordentliche Veranlagungsverfahren auf dem Prinzip der Selbstdeklaration erläutert. Zudem haben wir beleuchtet, in welchen Fällen die Steuerbehörden von diesem Normalfall abweichen und eine Buchprüfung durchführen können. Im vorliegenden Beitrag zeigen wir anhand eines einfachen Beispiels auf, was eine Aufrechnung infolge geldwerter Leistung auslösen kann und welche Gewinnsteuerfolgen auf Ebene der Kapitalgesellschaft und welche Einkommenssteuer auf Ebene Anteilsinhaber eintreten können.

2.     Beispielfall

Zur Veranschaulichung dient das folgende Praxisbeispiel:

Alle Aktien der Fabrik AG mit Sitz in Basel werden von der ebenfalls in Basel ansässigen natürlichen Person A gehalten. Im Rahmen einer Buchprüfung der Fabrik AG im Jahr 2025 wurde für das Geschäftsjahr 2020 festgestellt, dass die Fabrik AG vier Firmenwagen zum Buchwert von CHF 100'000 an den Aktionär A verkauft hat. Der Verkehrswert betrug jedoch CHF 200'000. Damit liegt ein unterpreisiger Verkauf an den Aktionär vor. Die Steuerbehörde qualifizierte dies als geldwerte Leistung in der Höhe von CHF 100'000.

3.     Was sind verdeckte Gewinnausschüttungen / geldwerte Leistungen?

Gemäss bundesgerichtlicher Praxis müssen für eine geldwerte Leistung kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

(i)     Keine oder keine gleichwertige Gegenleistung: Die leistende Kapitalgesellschaft erhält für ihre Leistung keine oder keine gleichwertige Gegenleistung, es besteht also ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung.

(ii)    Ein Vorteil für eine nahestehende Person liegt vor: Nahestehende Personen der Kapitalgesellschaft (z.B. Aktionäre oder ihnen nahestehende Personen wie Familienmitglieder) erlangen direkt oder indirekt einen Vorteil.

(iii)   Nicht drittkonform: Die Kapitalgesellschaft hätte diesen Vorteil einem unabhängigen Dritten unter gleichen Bedingungen nicht gewährt (Verletzung des Drittvergleichs).

(iv)  Erkennbarkeit für die Organe: Der Charakter dieser Leistung war für die Organe der Kapitalgesellschaft erkennbar; dieses Kriterium wird vermutet, wenn die geldwerte Leistung dem Drittvergleich nicht standhält.

Vereinfacht gesagt: Die Firma gibt mehr, als sie zurückbekommt, nur weil jemand Anteilseigner ist oder einem solchen nahesteht. Wenn die Gesellschaft eine Leistung an eine dem Anteilsinhaber nahestehende Person erbringt und die Leistung im Beteiligungsverhältnis begründet ist, erfolgt die Besteuerung der geldwerten Leistung grundsätzlich ebenfalls beim Anteilsinhaber und nicht bei der nahestehenden Person (sogenannte Dreieckstheorie). Typische Beispiele für geldwerte Leistungen aus der Praxis sind unterpreisige Transaktionen zwischen Gesellschaft und Aktionär, z.B. Fahrzeuge, die privat genutzt, aber durch die Firma bezahlt werden, simulierte Darlehen oder private Einkäufe oder Ausgaben des Aktionärs, die über die Firma laufen.

Abzugrenzen sind geldwerte Leistungen von geschäftsmässig nicht begründeten Aufwendungen. Dazu zählen insbesondere Bussen sowie Nach- und Strafsteuern, die sich auf das Unternehmen beziehen. Solche Ausgaben sind steuerlich nicht abzugsfähig und erhöhen daher den steuerbaren Gewinn. Sie stellen aber keine geldwerten Leistungen dar, da sie nicht dem Vorteil eines Aktionärs dienen.

4.     Steuerliche und handelsrechtliche Konsequenzen auf Ebene Unternehmen

Eine geldwerte Leistung von CHF 100'000 führt dazu, dass in der Fabrik AG der steuerlich massgebende Gewinn um diesen Betrag erhöht wird. Bei einem Gewinnsteuersatz von 13.02 % im Kanton Basel-Stadt ergibt sich daraus eine Nachsteuer in der Höhe von CHF 13'002. Hinzu kommt ein Belastungszins auf die Nachsteuer (Annahme: Fälligkeit der Steuer im Jahr 2021) von ca. CHF 2'500.

Liegt eine Steuerhinterziehung vor, wird zusätzlich eine Steuerbusse verhängt. Diese setzt regelmässig bei 100% der Nachsteuer an, also ebenfalls CHF 13'002. Diese Busse ist in der Handelsrechnung als Aufwand zu erfassen, gilt steuerlich aber als nicht geschäftsmässig begründet, d.h. sie muss in der Steuerbilanz zum steuerbaren Gewinn hinzugerechnet werden.

5.     Steuerliche Konsequenzen auf Ebene Aktionär

Die geldwerte Leistung an den Aktionär wird konsequenterweise auf Ebene des Aktionärs als steuerbares Einkommen (aus Dividende) erfasst. Bei einer qualifizierten Beteiligung (der Aktionär hält 10% der Aktien oder mehr) kommt das Teilbesteuerungsverfahren zur Anwendung: Für die direkte Bundessteuer sind 70% des Betrags steuerbar, auf kantonaler Ebene mindestens 50%. Im vorgenannten Beispiel führt die geldwerte Leistung von CHF 100'000 auf Ebene Aktionär somit zu einer Nachsteuer von rund CHF 23'000. Zusätzlich wird ein Belastungszins (Annahme: Fälligkeit der Steuer im Jahr 2021) auf die Nachsteuer von ca. CHF 4'500 erhoben. Wenn die Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung erfüllt sind, kommt eine Steuerbusse hinzu. Diese beträgt regelmässig 100% der hinterzogenen Steuern, also rund CHF 23'000. Darüber hinaus kann beim Gesellschafter je nach Sachverhalt auch eine Anstiftung oder Gehilfenschaft zur Steuerhinterziehung angenommen werden. Die Busse kann sich in solchen Fällen auf bis zu CHF 10'000 belaufen, in schweren oder wiederholten Fällen sogar bis zu CHF 50'000.

6.     Fazit

Bei Transaktionen zwischen einer Gesellschaft und ihren Anteilsinhabern oder ihnen nahestehenden Personen ist darauf zu achten, dass diese zu Verkehrswerten stattfinden und damit einem Drittvergleich standhalten.

Im vorstehenden Beispiel ergeben sich auf Ebene der direkten Steuern folgende Steuerfolgen bzw. Cash-Abflüsse:

Ebene Gesellschaft:

Nachsteuer: CHF 13'002

Belastungszins: CHF 2'500

Steuerbusse: CHF 13'002

Total Ebene Gesellschaft: CHF 28'504

Ebene Aktionär:

Einkommensteuer: CHF 23'000

Belastungszins: CHF 4'500

Steuerbusse: CHF 23'000

Total Ebene Aktionär: CHF 50'500

Total insgesamt: CHF 79'004

Das obige Beispiel zeigt, dass Leistungen in vermeintlich "überschaubarem" Umfang eine erhebliche Steuerbelastung auslösen können. In der Beispielrechnung summieren sich Nachsteuern, Bussen und Zinsen auf rund CHF 79'000 (wobei die Konsequenzen bei der Verrechnungssteuer noch nicht berücksichtigt wurden).

Die ESTV gibt klare Vorgaben für Verrechnungspreise vor, unter anderem mit der Publikation zu Verrechnungspreisen vom 1. Januar 2024. Wir empfehlen, Transaktionen zwischen Gesellschaft und Aktionär immer gut zu dokumentieren und zu begründen und formell korrekt abzuwickeln.

Im nächsten Blogbeitrag werden wir einen vertieften Blick auf die verrechnungssteuerlichen Konsequenzen von geldwerten Leistungen werfen und ein Gesamtfazit zu den steuerlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen für Gesellschaft und Gesellschafter ziehen.

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