1 RECHTSLAGE IN DER SCHWEIZ (AUSGANGSLAGE)
"Das Einkommen und Vermögen der Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, wird ohne Rücksicht auf den Güterstand zusammengerechnet" (Art. 9 Abs. 1 DBG und Art. 3 Abs. 3 StHG). Man spricht hier von der sogenannten Faktorenaddition. Liegen getrennte Wohnsitze in zwei verschiedenen Kantonen vor, gilt folgende Regelung:
1. Besteht Gemeinschaftlichkeit der Mittel für Wohnung und Unterhalt: Die Gesamtfaktoren (Einkommen und Vermögen) sind hälftig auf die beiden Steuerdomizile aufzuteilen und zum Gesamtsatz und Verheiratetentarif zu besteuern.
2. Besteht keine Gemeinschaftlichkeit der Mittel und bestreitet jeder Ehegatte den Unterhalt aus seinem Einkommen und Vermögen: Jeder Ehegatte ist an seinem Hauptsteuerdomizil für sein Einkommen (unselbständiges Erwerbseinkommen und Vermögensertrag aus beweglichem Vermögen) und sein bewegliches Vermögen zum Gesamtsatz und Verheiratetentarif zu besteuern.
2 INTERNATIONALE VERHÄLTNISSE
Bei internationalen Verhältnissen ist nur ein Ehepartner in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtig. Der andere Ehepartner lebt im Ausland und ist dort zweifelsohne steuerpflichtig; er hat keine persönliche oder wirtschaftliche Zugehörigkeit in der Schweiz. Jedoch lebt das Ehepaar in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe. Ist oben beschriebene Faktorenaddition nun weiterhin zulässig?
Diese Frage haben die Gerichte klar verneint, auch wenn eine Gemeinschaftlichkeit der Mittel besteht. Die hälftige Aufteilung von Einkommen und Vermögen zwischen der Schweiz und dem Ausland ist demnach nicht zulässig. In der Praxis hat sich folgendes Vorgehen etabliert:
1. Feststellen des weltweiten Einkommens und Vermögens des in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtigen Ehepartners.
2. Sind Nebensteuerdomizile in weiteren Kantonen oder im Ausland vorhanden, wird nun zunächst diese Steuerausscheidung vorgenommen.
3. Da die Veranlagung zum Verheiratetentarif vorgenommen wird, muss nun auch das Einkommen und Vermögen des im Ausland lebenden Ehegatten ermittelt werden. Für die Ermittlung der Steuersätze kommt die oben erwähnte Faktorenaddition zur Anwendung. Wenn keinerlei Anknüpfung und damit keine Steuerpflicht in der Schweiz besteht, hat die im Ausland lebende Person in der Schweiz auch keine Verfahrenspflichten. Sie kann also nicht gezwungen werden, ihre Vermögensverhältnisse den Schweizer Behörden offenzulegen. In der Praxis behilft man sich in diesen Fällen dadurch, dass die Höchstsätze zur Anwendung kommen, was auch diskutabel ist, jedoch durch Offenlegung der ausländischen Verhältnisse vermieden werden kann.
3 STEUERAUSSCHEIDUNG
Hat der in der Schweiz lebende Ehegatte mehrere Steuerdomizile im In- und Ausland, kommt der Steuerausscheidung eine wichtige Rolle zu. Nicht nur Schulden und Schuldzinsen werden "nach Lage der Aktiven" zwischen den einzelnen Steuerdomizilen verteilt, sondern auch diverse pauschale Abzüge. Gerade bei diesem Thema kann es viele Stolpersteine geben. Wird das Einkommen und Vermögen des ausländischen Ehegatten in die Gesamtbetrachtung mit einbezogen, verringern sich die Anteile in der Schweiz und in der Folge kommt es zu einem höheren steuerpflichtigen Einkommen und Vermögen. Ein kurzes, stark vereinfachtes Beispiel soll das verdeutlichen:
Der Ehemann, Wohnsitz BS, hat ein Wertschriftenvermögen von CHF 500'000 und eine Ferienwohnung in GR mit Steuerwert CHF 400'000. Diese ist mit einer Hypothek CHF 500'000 belasten, die Schuldzinsen belaufen sich auf CHF 25'000. Die Ehefrau lebt in Deutschland, sie hat ein Wertschriftenvermögen von CHF 300'000 und eine Eigentumswohnung mit Steuerwert CHF 200'000.
Ausscheidung korrekt
Die Aktiven des Ehemannes betragen CHF 900'000. Der Anteil BS davon ist 60%. Die in BS anzurechnenden Schulden belaufen sich daher auf CHF 300'000. Das steuerbare Vermögen beträgt CHF 300'000. Es kommt der Steuersatz für CHF 1 Mio. zur Anwendung. Bei den Schuldzinsen dürfen 60% von CHF 25'000 = CHF 15'000 in BS abgezogen werden.
Ausscheidung nicht korrekt
Wird das Vermögen der Ehefrau in die Ausscheidung mit einbezogen, sinkt der Anteil der Aktiven in BS auf 40%. Dadurch sinken die anzurechnenden Schulden auf CHF 200'000 und das steuerbare Vermögen steigt auf CHF 400'000. Der Steuersatz bleibt gleich. Auch bei den Schulden sinkt der anzurechnende Anteil auf CHF 10'000 und dadurch steigt das steuerbare Einkommen um CHF 5'000.
Der Miteinbezug der Faktoren des ausländischen Ehepartners führt zu einer höheren Bemessungsbasis und in der Folge auch direkt zu höheren Steuern, die je nach Steuersatz und Faktoren schnell mehrere tausend Franken ausmachen können.
4 FAZIT
So individuell wie die Menschen, so unterschiedlich sind auch die Lebensentwürfe. Gerade internationale Verhältnisse sind oft komplex und es gibt knifflige Stolpersteine. Nicht zu jedem spezifischen Fall konnten sich die Gerichte bereits äussern.