Sachverhalt
Die MWST-pflichtige Stiftung A. unterstützt kirchliche Arbeit und entwicklungspolitische Projekte für wirtschaftlich und sozial Benachteiligte in der ganzen Welt. Zugleich betreibt sie einen Webshop und vermietet Inventar, Parkplätze und Nutzungsrechte an EDV und verkauft Kaffee an Mitarbeitende.
Anlässlich einer MWST-Kontrolle hat die ESTV für die kontrollierte Zeitperiode u.a. eine Vorsteuerkorrektur aufgrund nicht-unternehmerischer Tätigkeit sowie eine Vorsteuerkürzung wegen Erhalt von Subventionen im Wert von insgesamt CHF 372'796.- zuzüglich Verzugszins nachbelastet.
Gegen diesen Entscheid wehrte sich die Stiftung A. bis vor Bundesgericht. Sie bestritt, dass ihre Tätigkeit in einen unternehmerischen und einen nicht-unternehmerischen Bereich aufgeteilt werden könne. Die altrechtliche Regelung, wonach Spenden zu einer Vorsteuerkürzung führten, dürfe nicht mittels Unterteilung eines einheitlichen Tätigkeitsbereichs in einen unternehmerischen und einen nicht-unternehmerischen Bereich über die Hintertür wieder eingeführt werden. Durch die Nutzung der bekannten Marke "A." im Rahmen des Fundraisings ist die Stiftung A. überhaupt in der Lage, Mittel für ihre karitative Tätigkeit zu generieren. Diese Tätigkeiten würden sich gegenseitig bedingen und unterstützen und seien in einer Weise voneinander abhängig, dass eine Aufteilung auf verschiedene Bereiche als künstlich erscheine.
Grundsatz
Die steuerpflichtige Person kann im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit die von ihr wirtschaftlich getragenen Vorsteuern abziehen, soweit sie nachweist, dass sie diese bezahlt hat. Bei gemischter Verwendung ist der Vorsteuerabzug verhältnismässig zu korrigieren. Als "gemischt verwendet" gilt eine vorsteuerbelastet bezogene Leistung, wenn sie auch ausserhalb der unternehmerischen Tätigkeit verwendet wird (Art. 30 Abs. 1 MWSTG).
Bundesgerichtsentscheid 9C_612/2022 vom 18. August 2023
Die Stiftung A. ist eine gemeinnützige Stiftung mit karitativer Zielsetzung. Die Zweckbestimmung deute klar darauf hin, dass sie neben ihrem unternehmerischen über einen nicht-unternehmerischen Bereich verfüge.
Die beiden Bereiche würden unterschiedliche Zwecke verfolgen und gegen aussen grundsätzlich voneinander unabhängig auftreten, weshalb beide Bereiche eine gewisse Eigenständigkeit aufweisen würden. Dies führe dazu, dass eine Korrektur des geltend gemachten Vorsteuerabzugs nötig werde.
Die Leistungen im karitativen Bereich würde die Stiftung A. ohne Gegenleistung erbringen. Somit läge ein nicht-unternehmerischer Bereich vor. Die Marke A. diene insbesondere zur Erzielung von Nicht-Entgelten in Form von Spenden und Legaten - und wenn überhaupt - nur in geringem Masse der Absatzförderung. Daher liege auch kein Leistungsverhältnis vor.
Der einheitliche Aussenauftritt auf der Internetseite (inkl. Webshop) stehe dem Vorhandensein eines nicht-unternehmerischen Bereichs nicht entgegen. Ohnehin trete die Stiftung A. gegen aussen - abgesehen vom Internetauftritt - mit ihrer karitativen Tätigkeit unabhängig von ihrem unternehmerischen Bereich auf. Den eingereichten Stiftungsstatuten sei denn unter dem Titel "Finanzierung" auch keine unternehmerische Tätigkeit als Finanzierungsmöglichkeit zu entnehmen. Auch in den Jahresberichten finde sich einzig in der Jahresrechnung ein Hinweis auf den Handelsertrag. Hingegen werde prominent die gemeinnützige bzw. karitative Tätigkeit beschrieben.
Die karitative Tätigkeit diene nicht dazu, die unternehmerische Tätigkeit der Stiftung A. finanziell zu fördern. Im Gegenteil diene der (relativ kleine) unternehmerische Bereich der Unterstützung des (wesentlich grösseren) karitativen (nicht-unternehmerischen) Bereichs.
Fazit
Dieser Bundesgerichtsentscheid zeigt, was für grosses MWST-Optimierungspotential die Statuten, die Jahresberichte und das Gesamtleistungskonzept einer Stiftung beinhalten und welch grosse MWST-Risiken das heutzutage beliebte Fundraising beinhaltet.