Veräusserung von KMU durch natürliche Personen – steuerliche Fallstricke und Opportunitäten

Taxes
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Jarkko Schäublin
Jarkko Schäublin
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13.12.2023
Sale of SMEs by natural persons - tax pitfalls and opportunities

Wie der Verkauf eines KMU bei der Verkäuferschaft einkommenssteuerlich abgerechnet wird, hängt unter anderem von der Rechtsform des KMU ab. Bei Veräusserung von Kapitalgesellschaften können neben Bilanzstruktur und Geschäftsmodell des KMU auch der Veräusserungszeitpunkt im Unternehmenszyklus oder die Gestaltung des Veräusserungsvertrages Einfluss auf die steuerliche Abrechnung haben.

1         Realisation von Personenunternehmen

Vermögenswerte, welche überwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit dienen, gelten als Geschäftsvermögen. Die aus einer Veräusserung und Verwertung von Geschäftsvermögen resultierenden Erträge und Kapitalgewinne sind steuerbare Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Die Überführung von Geschäftsvermögen in das Privatvermögen (z.B. bei Geschäftsaufgabe) wird einer steuerbaren Veräusserung gleichgestellt.

Sofern eine selbstständige Erwerbstätigkeit nach dem vollendeten 55. Altersjahr oder zufolge Invalidität definitiv beendet wird, können die in den zwei letzten Geschäftsjahren realisierten stillen Reserven getrennt vom übrigen Einkommen privilegiert besteuert werden. Dabei sind Einkäufe von Beitragsjahren in die Pensionskasse direkt vom Liquidationsgewinn abziehbar. Kann mangels BVG-Anschluss kein solcher Einkauf vorgenommen, jedoch die Zulässigkeit eines solchen nachgewiesen werden, so wird ein Teil des Liquidationsgewinnes als sogenannter fiktiver Einkauf privilegiert mit dem Vorsorgetarif besteuert. Für die Steuersatzbestimmung des verbleibenden Liquidationsgewinnes wird beim Bund ein Fünftel des übrigen Liquidationsgewinnes herangezogen. Kantonal sind die Bestimmungen hierzu unterschiedlich. Mittels tatsächlichem oder fiktivem Vorsorgeeinkauf kann also die Steuerprogression stark gebrochen werden, was für den übrigen Liquidationsgewinn nicht gelten muss. Anzumerken bliebt, dass Sozialversicherungsbeiträge auf Liquidationsgewinnen nie zu privilegierten Tarifen, sondern immer ordentlich erhoben werden.

Werden Liegenschaften vom geschäftlichen Anlagevermögen in das Privatvermögen überführt, liegt für die Direkte Bundessteuer und in den dualistischen Kantonen steuerbares Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit vor, ohne dass tatsächlich Liquidität fliesst. Daher können auf Antrag hin nur die wieder eingebrachten Abschreibungen auf der überführten Liegenschaft besteuert werden. Die Besteuerung des Wertzuwachsgewinnes (als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit!) wird somit bis zur effektiven Veräusserung der Liegenschaft aufgeschoben. Bei steigenden Immobilienpreisen gilt der Steueraufschub somit in der Regel nur als Notbehelf, zumal auch die auf Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit entfallenden Sozialversicherungsabgaben tendenziell nicht sinken.

Im monistischen System hingegen wird bei der Überführung von geschäftlichen Liegenschaften in das Privatvermögen kantonal vorerst ohnehin nur über die wieder eingebrachten Abschreibungen abgerechnet: Die Grundstückgewinnsteuer kann erst bei der tatsächlichen zivilrechtlichen Handänderung erhoben werden.

2         Verkauf von Kapitalgesellschaften des Privatvermögens – Steuerfreie Kapitalgewinne?

Werden im Privatvermögen gehaltene Anteile an Kapitalgesellschaften veräussert, liegen grundsätzlich steuerfreie Kapitalgewinne vor. Dies gilt aber nur, sofern dem Kapitalgewinn gewöhnliches Verwalten von Privatvermögen unter Ausnutzung einer sich zufällig bietenden Gelegenheit zu Grunde liegt.

Mit dem steuerlichen Konstrukt der indirekten Teilliquidation wurde eine Missbrauchsbestimmung für den Verkauf «eines vollen Portemonnaies» gesetzlich normiert. In Fällen einer indirekten Teilliquidation erfolgt eine Besteuerung des Kapitalgewinnes als Vermögensertrag, jedoch unter Berücksichtigung des Teilbesteuerungsverfahrens.

Auch beim Handwechsel von Mehrheitsbeteiligungen an im Privatvermögen gehaltenen Immobiliengesellschaften können unter dem Titel der sogenannten wirtschaftlichen Handänderung kantonale Grundstückgewinn- und Handänderungssteuern erhoben werden. Gewisse Kantone unterstellen sogar Veräusserungen von Minderheitsbeteiligungen an Immobiliengesellschaften der Grundstückgewinnsteuer.

Werden im Rahmen von Veräusserungsverträgen ausdrücklich Konkurrenzverbote abgegolten oder wird ein über den Veräusserungszeitpunkt hinaus weiterlaufendes Arbeitsverhältnis des ehemaligen Inhabers nicht marktkonform entschädigt, liegen steuerlich sogenannte gemischte Verträge vor. Dabei können Teile des Verkaufserlöses als Entschädigung für die Aufgabe bzw. Nichtausübung einer Tätigkeit oder als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit besteuert werden.

Schliesslich kann ein aus dem Verkauf von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft resultierender, vermeintlich steuerfreier Kapitalgewinn als Steuerumgehung ausgelegt werden. Dabei wird behördenseitig eine wirtschaftliche Betrachtungsweise vorgenommen. Ein klassischer Steuerumgehungstatbestand ist der sogenannte Mantelhandel, d.h. es wird eine in liquide Form gebrachte Kapitalgesellschaft veräussert und mit angepasstem Zweck und Tätigkeit weiterverwendet. Auch wenn Kapitalgesellschaften aus dem Privatvermögen unter hohen, langfristigen und/oder nur ungenügend gesicherten Kaufpreisdarlehen in das Geschäftsvermögen eines Dritten verkauft werden, kann eine Steuerumgehung aufgrund verzögerter Substanzausschüttung unterstellt werden. Je nach Fallkonstellation ist diese Würdigung jedoch zu Recht umstritten (vgl. z.B. Minderheitsantrag im Entscheid des Steuerrekursgerichtes des Kantons ZH vom 2. November 2021 ab S. 32: https://www.strgzh.ch/assets/entscheide/1-db.2020.106--1-st.2020.123.pdf).

3         Verkauf von Kapitalgesellschaften des Geschäftsvermögens

Halten selbständig Erwerbende Beteiligungen, welche ihrerseits Leistungen erbringen, die jener der selbständigen Erwerbstätigkeit des Anteilinhabers entsprechen oder diese komplettieren, qualifizieren diese Beteiligungen regelmässig als Geschäftsvermögen des selbständig Erwerbenden. Hält z.B. eine selbständig erwerbende Physiotherapeutin Aktien eines Herstellerunternehmens von orthopädischen Hilfsmitteln, dürften diese Aktien als Geschäftsvermögen qualifizieren. Werden solche geschäftlich gehaltenen Aktien veräussert, stellt der erzielte Kapitalgewinn steuerbares Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit dar. Sofern jedoch vor Veräusserung über den Zeitraum von einem Jahr mehr als 10% der Anteile gehalten wurden, kommt immerhin das entsprechende Teilbesteuerungsverfahren zum Tragen.

Fällt die Realisation qualifizierter Beteiligungen des Geschäftsvermögens mit der Liquidation der selbständigen Erwerbstätigkeit so zusammen, dass die vorerwähnte privilegierte Liquidationsgewinnbesteuerung anwendbar wird, reduziert das Teilbesteuerungsverfahren die Bemessungsgrundlage des Liquidationsgewinnes vorneweg. Befanden sich veräusserte Mehrheitsanteile an einer Immobiliengesellschaft im Geschäftsvermögen, entspricht in dualistischen Kantonen die Besteuerung überwiegend jener des Bundes, d.h. es wird keine Grundstückgewinnsteuer sondern Einkommenssteuer (Teilbesteuerungsverfahren!) erhoben. In monistischen Kantonen wird nebst der direkten Bundessteuer die kantonale Grundstückgewinnsteuer erhoben.

4         Zwischenfazit und Ausblick

Gegebenenfalls müssen zur Schaffung von realistischen Veräusserungsopportunitäten Bilanzen ohnehin erleichtert werden. Es macht also durchaus Sinn im Unternehmenszyklus stille Reserven geplant aufzulösen, um diese kombiniert mit privaten Dispositionen (z.B. Einkäufe von BVG-Beitragsjahren oder Unterhalt direkt gehaltener Liegenschaften) zu repatriieren. Bei qualifiziert gehaltenen Kapitalgesellschaften können Ausschüttungen zudem unter Berücksichtigung des Teilbesteuerungsverfahrens vollzogen werden. Mit ausreichender Planung ist es so möglich, dass die Steuerbelastung auf Gewinnentnahmen bei der Inhaberschaft kaum mehr ins Gewicht fällt, als dies bei einer ungeplanten und einmaligen Umqualifikation eines vermeintlich steuerfreien Kapitalgewinns wohl gilt.

Selbstverständlich sind auch transaktionsvorbereitende Umstrukturierungen denkbar. Diese bedingen ebenfalls Vorlaufzeit: Einerseits können steuerliche Sperrfristen kurzfristig angedachte Optionen ins Leere laufen lassen, andererseits müssen bei solchen Reorganisationen in der Regel Revisoren, Notare und Handelsregisterämter involviert werden. Solche steuerplanerischen Opportunitäten werden im zweiten, noch folgenden Teil erörtert.

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